Bernoulli-Experiment

Ein Zufallsexperiment, bei dem nur zwei verschiedene sich gegenseitig ausschließende Ereignisse \(A\) und \(\overline{A}\) mit konstanten Wahrscheinlichkeiten eintreten können, heißt Bernoulli-Experiment.

Das Eintreten des Ereignisses \(A\) wird als Treffer und das Eintreten des Gegeneignisses \(\overline{A}\) wird als Niete bezeichnet. Die Trefferwahrscheinlichkeit \(P(A)\) bezeichnet man mit \(\boldsymbol{p}\) und die Wahrscheinlichkeit für eine Niete mit \(q = 1- p\). Wird ein Bernoulli-Experiment \(n\)-mal wiederholt, spricht man von einer Bernoulli-Kette der Länge \(\boldsymbol{n}\). Dabei müssen die einzelnen Wiederholungen unabhängig voneinander erfolgen. Das heißt, die Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) bleibt konstant.

Typische Bernoulli-Experimente sind beispielsweise:

Das \(n\)-fache Werfen einer Münze mit den sich gegenseitig ausschließenden Ereignissen \(W\): „Wappen" und \(\overline{W}\): „Zahl" sowie den konstanten Wahrscheinlichkeiten \(p = P(W) = \frac{1}{2}\) und \(q = P(\overline{W}) = \frac{1}{2}\).

Das \(n\)-fache Drehen eines Glücksrads, das in verschieden große, verschieden farbige Sektoren unterteil ist, wobei z.B. nur auf die beiden sich ausschließenden Ereignise \(E\): „Sektor ist blau." und \(\overline{E}\): „Sektor ist nicht blau." mit den konstanten Wahrscheinlichkeiten \(p = P(E)\) und \(q = P(\overline{E})\) geachtet wird.

Die zufällige Entnahme von \(n\) Bauteilen für die Qualitätsprüfung von in Massenproduktion unabhängig voneinander hergestellten elektronischen Bauteilen mit einem aus Erfahrung bekannten Ausschussanteil \(p\). Wobei die beiden sich gegenseitig ausschließenden Ereignisse z.B. lauten: \(A\): „Bauteil ist Ausschuss." und \(\overline{A}\) „Bauteil ist kein Ausschuss." Im Falle der Entnahme einer Stichprobe aus einer zu untersuchenden Gesamtmenge muss gewährleistet sein, dass der Umfang \(n\) der Stichprobe im Verhältnis zur Gesamtmenge genügend klein ist (Faustregel: \(n < 5\,\%\), vgl. Abiturskript - 3.2.2 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, Urnenmodell ohne Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge). 

 

Binomialverteilte Zufallsgröße

Wird ein Bernoulli-Experiment mit den beiden sich gegenseitig ausschließenden Ereignissen \(A\) und \(\overline{A}\) \(n\)-mal nacheinander ausgeführt (mehrstufiges Bernoulli-Experiment vom Umfang \(n\)) und gibt die Zufallsgröße \(X\) die Anzahl der Versuche an, in denen das Ereignis \(A\) eintritt, ist die Zufallsgröße \(X\) binomialverteilt. Die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) heißt Binomialverteilung.

 

Binomialverteilte Zufallsgröße

Für eine Zufallsgröße \(X\), welche bei einer Bernoulli-Kette der Länge \(n\) die Anzahl der Treffer \(k \in \{0,1,\dots,n\}\) mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) angibt, gilt:

Binomialverteilung (vgl. Merkhilfe)

\[P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n - k} \quad (0 \leq k \leq n)\]

Eine Binomialverteilung ist durch die Parameter \(n\) und \(p\) eindeutig bestimmt und wird durch das Symbol \(B(n:p)\) gekennzeichnet. \(X\) heißt binomialverteilt nach \(B(n;p)\).

Kumulative Verteilungsfunktion einer nach \(\boldsymbol{B(n;p)}\) binomialverteilten Zufallsgröße

\[F_{p}^{n}(k) = P_{p}^{n} (X \leq k) = \sum \limits_{i = 0}^{k} B(n:p;i)\]

Erwartungswert, Varianz und Standardabweichung einer nach \(\boldsymbol{B(n;p)}\) binomialverteilten Zufallsgröße (vgl. Merkhilfe)

Erwartungswert: \(\mu = E(X) = n \cdot p\)
Varianz: \(Var(X) = n \cdot p \cdot (1 - p)\)
Standardabweichung: \(\sigma = \sqrt{n \cdot p \cdot (1 - p)}\)

 

Anmerkung: Die Binomialverteilung lässt sich durch das Urnenmodell „Ziehen mit Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge" veranschaulichen (vgl. Abiturskript - 3.3.2 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten, Urnenmodell mit Zurücklegen und ohne Beachtung der Reihenfolge).

 

Histogramm einer Binomialverteilung

Für die Beantwortung von Verständnisfragen zur Wahrscheinlichkeitsverteilung einer nach \(B(n;p)\) binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) ist es hilfreich, sich die Wahrscheinlcihkeitsverteilung anhand der Werte der Parameter \(p\) und \(n\) graphisch vorstellen zu können (vgl. beispielsweise Teilaufgabe 2b - Stochastik 2 - Prüfungsteil B - Mathematik Beispiel-Abitur Bayern 2014). 

 

Histogramm der Binomialverteilung B(20;0,5;k)

Die Binomialverteilung ist für die Trefferwahrscheinlichkeit \(p = 0{,}5\) symmetrisch (Beispiel für \(n = 20\)).

 

Histogramm der Binomialverteilung B(20;0,25;k)

Für eine Trefferwahrscheinlichkeit \(p < 0{,}5\) ist der Erwartungswert \(\mu\) und damit das Maximum der Binomialverteilung hin zu kleinen Trefferanzahlen verschoben (Beispiel für \(n = 20\), \(p = 0{,}25\)).

 

Histogramm der Binomialverteilung B(20;0,75;k)

Für eine Trefferwahrscheinlichkeit \(p > 0{,}5\) ist der Erwartungswert \(\mu\) und damit das Maximum der Binomialverteilung hin zu großen Trefferanzahlen verschoben (Beispiel für \(n = 20\), \(p = 0{,}75\)).

 

Da die Summe der Wahrscheinlichkeiten aller Werte einer binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) (Trefferanzahlen \(k\)) stets gleich Eins ist \(\big(\sum \limits_{i = 0}^{n} B(n;p;i) = 1\big)\), ergeben sich bei kleinen Längen einer Bernoulli-Kette tendentiell hohe Wahrscheinlichkeiten \(B(n;p;k)\) und für große Längen einer Bernoulli-Kette tendentiell niedrige Wahrscheinlichkeiten \(B(n;p;k)\).

 

Histogramm der Binomialverteilung B(5;0,5;k)

Beispiel für \(n = 5\) und \(p = 0{,}5\): Die Wahrscheinlichkeiten \(B(5;0{,}5;k)\) sind auf wenige mögliche Trefferanzahlen \(k\) verteilt und somit tendenziell hoch.

 

Histogramm der Binomialverteilung B(100;0,5;k)

Beispiel für \(n = 100\) und \(p = 0{,}5\): Die Wahrscheinlichkeiten \(B(100;0{,}5;k)\) sind auf viele mögliche Trefferanzahlen \(k\) verteilt und somit tendenziell niedrig.

  

Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer binomialverteilten Zufallsgröße

Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer nach B(n;p) binomialverteilten Zufallsgröße

pdfBestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer binomialverteilten Zufallsgröße

Für bestimmte Werte der Parameter \(n\) und \(p\) können die Werte der Wahrscheinlichkeiten \(P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k)\) und der kumulativen Verteilungsfunktion \(F_{p}^{n} = P_{p}^{n} (X \leq k) = \sum \limits_{i = 0}^{k} B(n;p;i)\) einem Stochastischen Tafelwerk mit Abiturzulassung (ST) entnommen werden. Oftmals ist es dafür notwendig, die gesuchte Wahrscheinlichkeit durch eine geeignete Umformulierung auf die kumulative Verteilungsfunktion zurückzuführen.

Nachfolgend werden typische Fragestellung zur Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer nach \(B(n;p)\) binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) beschrieben.

 

Bestimmung der Wahrscheinlichkeit für:

 

genau \(\boldsymbol{k}\) Treffer

 

\[P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n - k}\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, kann die gesuchte Wahrscheinlichkeit der linken Spalte des Tafelwerks entnommen werden. Andernfalls kann die Wahrscheinlichkeit mithilfe der Formel errechnet werden.

 

Beispiel: \(n = 10\), \(p = 0{,}6\)

Genau 5 Treffer: \(k = 5\)

 

\[P_{0{,}6}^{10}(X = 5) = B(10;0{,}6;5) \, \overset{\text{ST}}{=} \, 0{,}20066\]

oder

\[\begin{align*}P_{0{,}6}^{10}(X = 5) &= \binom{10}{5} \cdot {0{,}6}^{5} \cdot (1 - 0{,}6)^{10 - 5} \\[0.8em] &= 252 \cdot {0{,}6}^{5} \cdot 0{,}4^{5} \\[0.8em] &= 0{,}20066 \end{align*}\]

Histogramm der Binomialverteilung B(10;0,6;k), Wahrscheinlichkeit B(10;0,6;5)

 

höchstens \(\boldsymbol{k}\) Treffer

 

\[\begin{align*}P_{p}^{n}(X \leq k) &= \sum \limits_{i = 0}^{k} B(n;p;i) \\[0.8em] &= P_{p}^{n}(X = 0) + P_{p}^{n}(X = 1) \,+\, ... \, +\, P_{p}^{n}(X = k)  \end{align*}\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, kann die gesuchte Wahrscheinlichkeit der rechten Spalte des Tafelwerks entnommen werden. Andernfalls muss die Summe \(P_{p}^{n}(X = 0) + P_{p}^{n}(X = 1) \,+\, ... \, +\, P_{p}^{n}(X = k)\) errechnet werden.

 

Beispiel: \(n = 10\), \(p = 0{,}6\)

Höchstens 5 Treffer: \(X \leq 5\)

 

\[P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5) = \sum \limits_{i = 0}^{5} B(10;0{,}6;i) \, \overset{\text{ST}}{=} \, 0{,}36690\]

Histogramm der Binomialverteilung B(10;0,6;k), Wahrscheinlichkeit P(X ≤ 5)

 

weniger als \(\boldsymbol{k}\) Treffer

Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für „weniger asls \(k\) Treffer" kann auf die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für „höchstens \(\boldsymbol{k - 1}\) Treffer" zurückgeführt werden.

 

\[P_{p}^{n}(X < k) = P_{p}^{n}(X \leq k - 1) = \sum \limits_{i = 0}^{k - 1} B(n;p;i)\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, kann die gesuchte Wahrscheinlichkeit der rechten Spalte des Tafelwerks entnommen werden.

 

mindestens \(\boldsymbol{k}\) Treffer

Wahrscheinlichkeitsrechnungen der Form „mindestens \(k\) Treffer" lassen sich durch die Betrachtung des Gegenereignisses „nicht höchstens \(k - 1\) Treffer" auf die kumulative Verteilungsfunktion zurückführen.

 

\[\begin{align*}P_{p}^{n}(X \geq k) &= 1 - P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \\[0.8em] &= 1 - \sum \limits_{i = 0}^{k - 1}B(n;p;i) \end{align*}\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, kann die Wahrscheinlichkeit \(\displaystyle \sum \limits_{i = 0}^{k - 1} B(n;p;i)\) der rechten Spalte des Tafelwerks entnommen werden.

 

Beispiel: \(n = 10\), \(p = 0{,}6\)

Mindestens 6 Treffer: \(X \geq 6\)

 

\[\begin{align*}P_{0{,}6}^{10}(X \geq 6) &= 1 - P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5) \\[0.8em] &= 1 - \sum \limits_{i = 0}^{5}B(10;0{,}6;i) \\[0.8em] &\overset{\text{ST}}{=} 1 - 0{,}36690 \\[0.8em] &= 0{,}63310 \end{align*}\]

Histogramm der Binomialverteilung B(10;0,6;k), Wahrscheinlichkeit P(X ≥ 6)

 

mehr als \(\boldsymbol{k}\) Treffer

Die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für „mehr asls \(k\) Treffer" kann auf die Berechnung der Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(\boldsymbol{k + 1}\) Treffer" zurückgeführt werden.

 

\[\begin{align*}P_{p}^{n}(X > k) &= P_{p}^{n}(X \geq k + 1) \\[0.8em] &= 1 - P_{p}^{n}(X \leq k) \\[0.8em] &= 1 -  \sum \limits_{i = 0}^{k} B(n;p;i) \end{align*}\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, kann die Wahrscheinlichkeit \(\displaystyle \sum \limits_{i = 0}^{k} B(n;p;i)\) der rechten Spalte des Tafelwerks entnommen werden.

 

mindestens \(\boldsymbol{k}\) und höchstens \(\boldsymbol{m}\) Treffer

Die Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k\) und höchstens \(m\) Treffer" lässt als Differenz der Wahrscheinlichkeiten für „höchstens \(m\) Treffer" und „höchstens \(k - 1\) Treffer" berechnen.

 

\[\begin{align*} P_{p}^{n}(k \leq X \leq m) &= P_{p}^{n}(X \leq m) - P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \\[0.8em] &= \sum \limits_{i = 0}^{m}B(n;p;i) - \sum \limits_{i = 0}^{k - 1}B(n;p;i) \end{align*}\]

 

Sind die Parameter \(n\) und \(p\) im Stochastischen Tafelwerk tabellarisiert, können die Wahrscheinlichkeiten \(\displaystyle \sum \limits_{i = 0}^{m}B(n;p;i)\) und \(\displaystyle \sum \limits_{i = 0}^{k - 1}B(n;p;i)\) der rechten Spalte des Tafelwerks entnommen werden.

 

Beispiel: \(n = 10\), \(p = 0{,}6\)

Mindestens 5 und höchstens 8 Treffer: \(5 \leq X \leq 8\)

 

\[\begin{align*} P_{0{,}6}^{10}(5 \leq X \leq 8) &= P_{0{,}6}^{10}(X \leq 8) - P_{0{,}6}^{10}(X \leq 4) \\[0.8em] &= \sum \limits_{i = 0}^{8}B(10;0{,}6;i) - \sum \limits_{i = 0}^{4}B(10;0{,}6;i) \\[0.8em] &\overset{\text{ST}}{=} 0{,}95364 - 0{,}16624 \\[0.8em] &= 0{,}78740 \end{align*}\]

 

Histogramm der Binomialverteilung B(10;0,6;k), Wahrscheinlichkeit P(5 ≤ X ≤ 8)

 

Bestimmung von Parametern einer Binomialverteilung (3-Mindestens-Aufgaben)

Unter der Bedingung, dass die Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k\) Treffer" (mindestens) einen bestimmten Wert annehmen soll, lassen sich die Parameter \(n\) bzw. \(p\) einer Binomialverteilung ermitteln, wenn einer der beiden Parameter \(n\) oder \(p\) gegeben ist.

Aufgaben zu diesem Thema sind unter dem Begriff „3-Mindestens-Aufgaben" bekannt.

 

Bestimmung der Länge \(n\) einer Bernoulli-Kette

Diese Form einer „3-Mindestens-Aufgabe" fragt bei bekannter Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) nach der Mindestlänge \(n\) einer Bernoulli-Kette. Dabei muss die Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k\) Treffer" \(P(X \geq k)\) mindestens einen vorgegebene Wert \(P\) annehmen oder größer als \(P\) sein.

Häufig formulieren die Aufgaben den Fall „mindestens 1 Treffer". Dann kann der gesuchte Wert für \(n\) berechnet werden. Im Falle der Variante „mindestens \(k\) Treffer" mit \(k > 1\) wird das Stochastische Tafelwerk (ST) benötigt, um \(n\) zu bestimmen. 

Es ergeben sich folgende Ansätze:

 

Variante „mindestens 1 Treffer"

\[P_{p}^{n}(X \geq 1) \geq P\]

Variante „mindestens \(k\) Treffer"

\[P_{p}^{n}(X \geq k) \geq P\]

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der Treffer" (Anzahl der Versuche, in denen das betrachtete Ereignis eintritt.)

\(p\): Trefferwahrscheinlichkeit des betrachteten Ereignisses (gegeben)

\(n\): Länge der Bernoulli-Kette (gesucht)

\(P(X \geq 1)\) oder \(P(X \geq k)\): Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Treffer" oder „mindestens \(k\) Treffer"

\(P\): Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Treffer" oder „mindestens \(k\) Treffer" mindestens erreichen oder überschreiten muss (gegeben).

 

\(n\) gesucht, Variante „mindestens 1 Treffer"

Diese Variante kann durch Rechnung (ohne Stochastisches Tafelwerk) gelöst werden.

Der allgemeine Lösungsweg in der Variante „mindestens 1 Treffer" lässt sich beispielsweise wie folgt dokumentieren:

 

\[\begin{align*} P_{p}^{n}(X \geq 1) &\geq P & &|\;\text{Gegenereignis „nicht 0 Treffer" betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{n}(X = 0) &\geq P & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{n}(X = 0) &\geq P - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{n}(X = 0) &\textcolor{red}{\leq} 1 - P & &| \; P_{p}^{n}(X = 0)\;\text{ausformulieren} \\[0.8em] \underbrace{\binom{n}{0}}_{1} \cdot \underbrace{p^{0}}_{1} \cdot (1 - p)^{n - 0} &\leq 1 - P \\[0.8em] (1 - p)^{n} &\leq 1 - P & &| \;\text{Logarithmieren, z.B.}\; \ln \\[0.8em] \ln\left[ (1 - p)^{n} \right] &\leq \ln(1 - P) & &| \; \log_{a}\left(b^{n}\right) = n \cdot \log_{a}b \\[0.8em] n \cdot \ln(1 - p) &\leq \ln(1 - P) & &| : \ln(1 - p) < 0 \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] n &\textcolor{red}{\geq} \frac{\ln(1 - P)}{\ln(1 - p)} & &| \; n \in \mathbb N \end{align*}\]

 

Beispiel:

Ein Wetterdienst gibt die Zuverlässigkeit seiner 3-Tage-Vorhersagen mit 85 % an. Wie viele 3-Tage-Vohersagen muss der Wetterdienst mindestens herausgeben, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99,99 % mindestens eine 3-Tage-Vorhersage zutrifft?

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der zutreffenden 3-Tage-Vorhersagen"

Trefferwahrscheinlichkeit für eine „zutreffende 3-Tage-Vorhersage": \(p = 0{,}85\)

Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 zutreffende 3-Tage-Vorhersage": \(P(X \geq 1)\)

Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 zutreffende 3-Tage-Vorhersage" mindestens erreichen muss: \(P = 0{,}9999\)

 

\[\begin{align*} P_{0{,}85}^{n}(X \geq 1) &\geq 0{,}9999 & &|\;\text{Gegenereignis betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{0{,}85}^{n}(X = 0) &\geq 0{,}9999 & &| - 1 \\[0.8em] -P_{0{,}85}^{n}(X = 0) &\geq -0{,}0001 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{0{,}85}^{n}(X = 0) &\textcolor{red}{\leq} 0{,}0001 & &| \; P_{0{,}85}^{n}(X = 0)\;\text{ausformulieren} \\[0.8em] \underbrace{\binom{n}{0}}_{1} \cdot \underbrace{{0{,}85}^{0}}_{1} \cdot (1 - 0{,}85)^{n - 0} &\leq 0{,}0001 \\[0.8em] {0{,}15}^{n} &\leq 0{,}0001 & &| \;\text{Logarithmieren, z.B.}\; \ln \\[0.8em] \ln\left( {0{,}15}^{n} \right) &\leq \ln 0{,}0001 & &| \; \log_{a}\left(b^{n}\right) = n \cdot \log_{a}b \\[0.8em] n \cdot \ln 0{,}15 &\leq \ln 0{,}0001 & &| : \ln 0{,}15 < 0 \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] n &\textcolor{red}{\geq} \frac{\ln 0{,}0001}{\ln 0{,}15} \\[0.8em] n &\gtrapprox 4{,}85 & &| \; n \in \mathbb N \end{align*}\]

 

\[\Longrightarrow \quad n = 5\]

 

Der Wetterdienst muss mindestens fünf 3-Tage-Vorhersagen herausgeben, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99,99 % mindestens eine 3-Tage-Vorhersage zutrifft.

 

\(n\) gesucht, Variante „mindestens \(k\) Treffer"

Der allgemeine Lösungsweg in der Variante „mindestens \(k\) Treffer" lässt sich beispielsweise wie folgt dokumentieren:

 

\[\begin{align*} P_{p}^{n}(X \geq k) &\geq P & &|\;\text{Gegenereignis „nicht höchstens} \; k - 1 \; \text{Treffer" betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\geq P & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\geq P - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\textcolor{red}{\leq} 1 - P \end{align*}\]

 

Ab hier wird das Stochastische Takelwerk (ST) benötigt. Für die bekannte Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) sucht man diejenige Tabelle der Länge der Bernoulli-Kette \(n\), deren Eintrag in der rechten Spalte (kumulative Verteilungsfunktion) die Bedingung \(P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \leq 1 - P\) möglichst genau erfüllt.

 

\[P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \leq 1 - P \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad n \enspace (n \in \mathbb N)\]

 

Beispiel:

Ein Wetterdienst gibt die Zuverlässigkeit seiner 3-Tage-Vorhersagen mit 85 % an. Wie viele 3-Tage-Vohersagen muss der Wetterdienst mindestens herausgeben, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99,99 % mindestens drei 3-Tage-Vorhersagen zutreffen?

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der zutreffenden 3-Tage-Vorhersagen"

Trefferwahrscheinlichkeit für eine „zutreffende 3-Tage-Vorhersage": \(p = 0{,}85\)

Wahrscheinlichkeit für „mindestens 3 zutreffende 3-Tage-Vorhersage": \(P(X \geq 3)\)

Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 3 zutreffende 3-Tage-Vorhersage" mindestens erreichen muss: \(P = 0{,}9999\)

 

\[\begin{align*} P_{0{,}85}^{n}(X \geq 3) &\geq 0{,}9999 & &|\;\text{Gegenereignis betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{0{,}85}^{n}(X \leq 2) &\geq 0{,}9999 & &| - 1 \\[0.8em] -P_{0{,}85}^{n}(X \leq 2) &\geq -0{,}0001 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{0{,}85}^{n}(X \leq 2) &\textcolor{red}{\leq} 0{,}0001 \end{align*}\]

 

Für die Trefferwahrscheinlichkeit \(p = 0{,}85\) sucht man diejenige Tabelle mit der Länge der Bernoulli-Kette \(n\), deren Eintrag in der rechten Spalte (kumulative Verteilungsfunktion) die Bedingung \(P_{0{,}85}^{n}(X \leq 2) \leq 0{,}0001\) möglichst genau erfüllt.

 

\[P_{0{,}85}^{n}(X \leq 2) \leq 0{,}0001 \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad n = 9 \enspace \left( P_{0{,}85}^{9}(X \leq 2) = 0{,}00005 \right)\]

 

Zum Vergleich:

 

\[n = 8 \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad P_{0{,}85}^{8}(X \leq 2) = 0{,}00024\]

\(\Longrightarrow \quad\)Bedingung nicht erfüllt.

 

\[n = 10 \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad P_{0{,}85}^{10}(X \leq 2) = 0{,}00001\]

\(\Longrightarrow \quad\)Bedingung übererfüllt.

 

Der Wetterdienst muss mindestens neun 3-Tage-Vorhersagen herausgeben, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99,99 % mindestens drei 3-Tage-Vorhersagen zutreffen.

 

Bestimmung der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\)

Diese Form einer „3-Mindestens.Aufgabe" fragt bei bekannter Länge der Bernoulli-Kette \(n\) nach der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) eines betrachteten Ereignisses. Dabei muss die Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k\) Treffer" \(P(X \geq k)\) mindestens einen vorgegebene Wert \(P\) annehmen oder größer als \(P\) sein.

Aufgaben formulieren häufig den Fall „mindestens 1 Treffer", da der gesuchte Wert für \(p\) dann berechnet werden kann. Im Falle der Variante „mindestens \(k\) Treffer" mit \(k > 1\) wird das Stochastische Tafelwerk (ST) benötigt, um \(p\) zu bestimmen.

Es ergeben sich folgende Ansätze:

Anmerkung: Es sind die gleichen Ansätze wie bei einer „3-Mindestens-Aufgabe", die nach der Länge der Bernoulli-Kette \(n\) fragt.

 

Variante „mindestens 1 Treffer"

\[P_{p}^{n}(X \geq 1) \geq P\]

Variante „mindestens \(k\) Treffer"

\[P_{p}^{n}(X \geq k) \geq P\]

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der Treffer" (Anzahl der Versuche, in denen das betrachtete Ereignis eintritt.)

\(p\): Trefferwahrscheinlichkeit des betrachteten Ereignisses (gesucht)

\(n\): Länge der Bernoulli-Kette (gegeben)

\(P(X \geq 1)\) oder \(P(X \geq k)\): Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Treffer" oder „mindestens \(k\) Treffer"

\(P\): Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Treffer" oder „mindestens \(k\) Treffer" mindestens erreichen oder überschreiten muss (gegeben).

 

\(p\) gesucht, Variante „mindestens 1 Treffer"

Diese Variante kann durch Rechnung (ohne Stochastisches Tafelwerk) gelöst werden.

Der allgemeine Lösungsweg in der Variante „mindestens 1 Treffer" lässt sich beispielsweise wie folgt dokumentieren:

 

\[\begin{align*} P_{p}^{n}(X \geq 1) &\geq P & &|\;\text{Gegenereignis „nicht 0 Treffer" betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{n}(X = 0) &\geq P & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{n}(X = 0) &\geq P - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{n}(X = 0) &\textcolor{red}{\leq} 1 - P & &| \; P_{p}^{n}(X = 0)\;\text{ausformulieren} \\[0.8em] \underbrace{\binom{n}{0}}_{1} \cdot \underbrace{p^{0}}_{1} \cdot (1 - p)^{n - 0} &\leq 1 - P \\[0.8em] (1 - p)^{n} &\leq 1 - P & &| \; \sqrt[n]{\quad} \enspace (p \in [0;1]) \\[0.8em] 1 - p &\leq \sqrt[n]{1 - P} & &| - 1 \\[0.8em] -p &\leq \sqrt[n]{1 - P} - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] p &\textcolor{red}{\geq} 1 - \sqrt[n]{1 - P} \end{align*}\]

 

Beispiel:

Ein Wetterdienst überprüft die Zuverlässigkeit seiner 10-Tage-Vorhersagen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit muss eine 10-Tage-Vorhersage eintreten, wenn von den innerhalb einer Woche täglich herausgegebenen 10-Tage-Vorhersagen mindestens eine 10-Tage-Vorhersage zu 99 % zutreffen soll?

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der zutreffenden 10-Tage-Vorhersagen"

Innerhalb einer Woche täglich herausgegebene 10-Tage-Vorhersagen: \(n = 7\)

Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 zutreffende 10-Tage-Vorhersage": \(P(X \geq 1)\)

Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 zutreffende 10-Tage-Vorhersage" mindestens erreichen muss: \(P = 0{,}99\)

 

\[\begin{align*} P_{p}^{7}(X \geq 1) &\geq 0{,}99 & &|\;\text{Gegenereignis betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{7}(X = 0) &\geq 0{,}99 & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{7}(X = 0) &\geq -0{,}01 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{7}(X = 0) &\textcolor{red}{\leq} 0{,}01 & &| \; P_{p}^{7}(X = 0)\;\text{ausformulieren} \\[0.8em] \underbrace{\binom{7}{0}}_{1} \cdot \underbrace{p^{0}}_{1} \cdot (1 - p)^{7 - 0} &\leq 0{,}01 \\[0.8em] (1 - p)^{7} &\leq 0{,}01 & &| \; \sqrt[7]{\quad} \enspace (p \in [0;1]) \\[0.8em] 1 - p &\leq \sqrt[7]{0{,}01} & &| - 1 \\[0.8em] -p &\leq \sqrt[7]{0{,}01} - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] p &\textcolor{red}{\geq} 1 - \sqrt[7]{0{,}01} \\[0.8em] &\gtrapprox 0{,}482 \\[0.8em] &\gtrapprox 48{,}2\,\% \end{align*}\]

 

Damit von den innerhalb einer Woche herausgegebenen 10-Tage-Vorhersagen mindestens eine 10-Tage-Vorhersage zu 99 % zutrifft, muss eine 10-Tage-Vorhersage mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 48,2 % eintreten.

 

\(p\) gesucht, Variante „mindestens \(k\) Treffer"

Der allgemeine Lösungsweg in der Variante „mindestens \(k\) Treffer" lässt sich beispielsweise wie folgt dokumentieren:

 

\[\begin{align*} P_{p}^{n}(X \geq k) &\geq P & &|\;\text{Gegenereignis „nicht höchstens} \; k - 1 \; \text{Treffer" betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\geq P & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\geq P - 1 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{n}(X \leq k - 1) &\textcolor{red}{\leq} 1 - P \end{align*}\]

 

Ab hier wird das Stochastische Takelwerk (ST) benötigt. Für die bekannte Länge der Bernoulli-Kette \(n\) sucht man diejenige Tabelle mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\), deren Eintrag in der rechten Spalte (kumulative Verteilungsfunktion) die Bedingung \(P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \leq 1 - P\) möglichst genau erfüllt.

 

\[P_{p}^{n}(X \leq k - 1) \leq 1 - P \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad p\]

 

Beispiel:

Ein Wetterdienst überprüft die Zuverlässigkeit seiner 10-Tage-Vorhersagen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit muss eine 10-Tage-Vorhersage eintreten, wenn von den innerhalb einer Woche täglich herausgegebenen 10-Tage-Vorhersagen mindestens drei 10-Tage-Vorhersagen zu 99 % zutreffen sollen?

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der zutreffenden 10-Tage-Vorhersagen"

Innerhalb einer Woche täglich herausgegebene 10-Tage-Vorhersagen: \(n = 7\)

Wahrscheinlichkeit für „mindestens 3 zutreffende 10-Tage-Vorhersage": \(P(X \geq 3)\)

Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 3 zutreffende 10-Tage-Vorhersage" mindestens erreichen muss: \(P = 0{,}99\)

 

\[\begin{align*} P_{p}^{7}(X \geq 3) &\geq 0{,}99 & &|\;\text{Gegenereignis betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{p}^{7}(X \leq 2) &\geq 0{,}99 & &| - 1 \\[0.8em] -P_{p}^{7}(X \leq 2) &\geq -0{,}01 & &| \cdot (-1) \enspace \textcolor{red}{\text{Relationszeichen dreht!}} \\[0.8em] P_{p}^{7}(X \leq 2) &\textcolor{red}{\leq} 0{,}01 \end{align*}\]

 

Für die Länge der Bernoulli-Kette \(n = 7\) sucht man diejenige Tabelle mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\), deren Eintrag in der rechten Spalte (kumulative Verteilungsfunktion) die Bedingung \(P_{p}^{7}(X \leq 2) \leq 0{,}01\) möglichst genau erfüllt.

 

\[P_{p}^{7}(X \leq 2) \leq 0{,}01 \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad p = 0{,}80 \enspace \left( P_{0{,}80}^{7}(X \leq 2) = 0{,}00467 \right)\]

 

Zum Vergleich:

 

\[p = 0{,}75 \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad P_{0{,}75}^{7}(X \leq 2) = 0{,}01288\]

\(\Longrightarrow \quad\)Bedingung nicht erfüllt.

 

\[p = \frac{5}{6} \quad \overset{\text{ST}}{\Longrightarrow} \quad P_{\frac{5}{6}}^{7}(X \leq 2) = 0{,}00200\]

\(\Longrightarrow \quad\)Bedingung übererfüllt.

 

Damit von den innerhalb einer Woche herausgegebenen 10-Tage-Vorhersagen mindestens drei 10-Tage-Vorhersage zu 99 % zutreffen, muss eine 10-Tage-Vorhersage mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 80 % eintreten.

 

Beispielaufgabe

Bei der Massenproduktion von Leuchtdioden eines bestimmten Typs ist aus langjähriger Erfahrung bekannt, dass der Ausschussanteil 5 % beträgt. Für die Qualitätskontrolle werden 100 Leuchtdioden zufällig entnommen.

1) Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind

a) genau 10 Leuchtdioden Ausschuss?

b) höchstens 5 Leuchtdioden Ausschuss

c) mindestens 10 Leuchtdioden Ausschuss?

d) mehr als 5 und weniger als 10 Leuchtdioden Ausschuss?

2) Mit welcher Wahrscheinlichkeit liegt die Anzahl der Leuchtdioden, welche Ausschuss sind, innerhalb der einfachen Standardabweichung?

3) Wie viele Leuchtdioden müssen mindestens kontrolliert werden, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99 % mindestens eine Leuchtdiode Ausschuss ist?

 

Aufgrund der Massenproduktion (Produktion mit sehr großer Stückzahl) darf angenommen werden, dass die Entnahme von 100 Leuchtdioden den Ausschussanteil 5 % nicht beeinflusst. Das heißt, die Qualitätskontrolle kann als Bernoulli-Experiment betrachtet werden, bei dem nur die beiden sich gegenseitig ausschließenden Ereignisse \(A\): „Leuchtdiode ist Ausschuss." und \(\overline{A}\) „Leuchtdiode ist kein Ausschuss." möglich sind, wobei die Ereignisse mit den konstanten Wahrscheinlichkeiten \(p = P(A) = 0{,}05\) und \(q = P(\overline{A}) = 0{,}95\) eintreten.

Der Umfang der Stichprobe von 100 Leuchtdioden entspricht der Länge der Bernoulli-Kette \(n = 100\).

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der Leuchtdioden, welche Ausschuss sind."

Die Zufallsgröße \(X\) ist nach \(B(100;0{,}05)\) binomialverteilt.

 

1 a) Wahrscheinlichkeit, dass genau 10 Leuchtdioden Ausschuss sind

 

\(n = 100\), \(p = 0{,}05\), \(k = 10\)

 

Stochastisches Tafelwerk (ST) verwenden (linke Spalte):

 

\[P_{0{,}05}^{100}(X = 10) = B(100;0{,}05;10) \, \overset{\text{ST}}{=} \,0{,}01672 \approx 1{,}67\,\%\]

 

oder

 

\[\begin{align*}P_{0{,}05}^{100}(X = 10) &= \binom{100}{10} \cdot {0{,}05}^{10} \cdot (1 - 0{,}05)^{100 - 10} \\[0.8em] &= \binom{100}{10} \cdot {0{,}05}^{10} \cdot {0{,}95}^{90} \\[0.8em] &= 0{,}01672 \\[0.8em] &\approx 1{,}67\,\% \end{align*}\]

 

BinomVert Bsp Histo1

Histogramm der Binomialverteilung \(B(100;0{,}05;k)\) (verkürzte Darstellung bis \(k = 30\)), Wahrscheinlichkeit \(P_{0{,}05}^{100}(X = 10) = B(100;0{,}05;10)\)

 

1 b) Wahrscheinlichkeit, dass höchstens 5 Leuchtdioden Ausschuss sind

 

\(n = 100\), \(p = 0{,}05\), \(X \leq 5\)

 

Stochastisches Tafelwerk (ST) verwenden (rechte Spalte):

 

\[P_{0{,}05}^{100}(X \leq 5) = \sum \limits_{i = 0}^{5}B(100;0{,}05;i) \, \overset{\text{ST}}{=} \, 0{,}61600 \approx 61{,}6\,\%\]

 

Histogramm der Binomialverteilung B(100;0{,}05;k), Wahrscheinlichkeit P(X ≤ 5) (verkürzte Darstellung bis k = 30)

Histogramm der Binomialverteilung \(B(100;0{,}05;k)\) (verkürzte Darstellung bis \(k = 30\)), Wahrscheinlichkeit \(P_{0{,}05}^{100}(X \leq 5) = \sum \limits_{i = 0}^{5}B(100;0{,}05;i)\)

 

1 c) Wahrscheinlichkeit, dass mindestens 10 Leuchtdioden Ausschuss sind

Die Wahrscheinlichkeitsrechnung für „mindestens 10 Leuchtdioden sind Ausschuss" lässt sich durch die Betrachtung des Gegenereignisses „nicht höchstens 9 Leuchtdioden sind Ausschuss" auf die kumulative Verteilungsfunktion zurückführen.

 

\(n = 100\), \(p = 0{,}05\), \(X \geq 10\)

 

Stochastisches Tafelwerk (ST) verwenden (rechte Spalte):

 

\[\begin{align*}P_{0{,}05}^{100}(X \geq 10) &= 1 - P_{0{,}05}^{100}(X \leq 9) \\[0.8em] &= 1 - \sum \limits_{i = 0}^{9}B(100;0{,}05;i) \\[0.8em] &\overset{\text{ST}}{=} 1 - 0{,}97181 \\[0.8em] &= 0{,}02819 \\[0.8em] &\approx 2{,}82\,\% \end{align*}\]

 

Histogramm der Binomialverteilung B(100;0,05;k), Wahrscheinlichkeit P(X ≥ 10) (verkürzte Darstellung bis k = 30)

Histogramm der Binomialverteilung \(B(100;0{,}05;k)\) (verkürzte Darstellung bis \(k = 30\)), Wahrscheinlichkeit \(P_{0{,}05}^{100}(X \geq 10) = \sum \limits_{i = 10}^{100}B(100;0{,}05;i)\)

 

1 d) Wahrscheinlichkeit, dass mehr als 5 und weniger als 10 Leuchtdioden Ausschuss sind

Die Wahrscheinlichkeit für „mehr als 5 und weniger als 10 Leuchtdioden sind Ausschuss". entspricht der Wahrscheinlichkeit für „mindestens 6 und höchstens 9 Leuchtdioden sind Ausschuss." Sie lässt sich als Differenz der Wahrscheinlichkeiten für „höchstens 9 Leuchtdioden sind Ausschuss." und „höchstens 5 Leuchtdioden sind Ausschuss." berechnen.

 

\(n = 100\), \(p = 0{,}05\), \(6 \leq X \leq 9\)

 

Stochastisches Tafelwerk (ST) verwenden (rechte Spalte):

 

\[\begin{align*} P_{0{,}05}^{100}(6 \leq X \leq 9) &= P_{0{,}05}^{100}(X \leq 9) - P_{0{,}05}^{100}(X \leq 5) \\[0.8em] &= \sum \limits_{i = 0}^{9}B(100;0{,}05;i) - \sum \limits_{i = 0}^{5}B(100;0{,}05;i) \\[0.8em] &\overset{\text{ST}}{=} 0{,}97181 - 0{,}61600 \\[0.8em] &= 0{,}35581 \\[0.8em] &\approx 35{,}58\,\% \end{align*}\]

 

Histogramm der Binomialverteilung B(100;0,05;k), Wahrscheinlichkeit P(6 ≤ X ≤ 9) (verkürzte Darstellung bis k = 30)

Histogramm der Binomialverteilung \(B(100;0{,}05;k)\) (verkürzte Darstellung bis \(k = 30\)), Wahrscheinlichkeit \(P_{0{,}05}^{100}(6 \leq X \leq 9) = \sum \limits_{i = 6}^{9}B(100;0{,}05;i)\)

 

2) Wahrscheinlichkeit, dass die Anzahl der Leuchtdioden, welche Ausschuss sind, innerhalb der einfachen Standardabweichung liegt

Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Anzahl der Leuchtdioden, welche Ausschuss sind, d. h. der Wert der Zufallsgröße \(X\), höchstens um den Wert einer Standardabweichung \(\sigma\) um den Erwartungswert \(\mu = E(X)\) streut. Die Abweichung \(\vert X - \mu \vert\) soll also höchstens \(\sigma\) betragen bzw. der Wert der Zufallsgröße \(X\) soll im Intervall \([\mu - \sigma;\mu + \sigma]\) liegen.

 

\[P_{0{,}05}^{100}(\vert X - \mu \vert \leq \sigma) = P_{0{,}05}^{100}(\mu - \sigma \leq X \leq \mu + \sigma)\]

\(n = 100\), \(p = 0{,}05\)

 

Erwartungswert \(\mu = E(X)\) der binomialverteilten Zufallsgröße \(X\) berechnen:

 

\[\mu = E(X) = n \cdot p = 100 \cdot 0{,}05 = 5\]

 

Standardabweichung \(\sigma\) berechnen:

 

\[\sigma = \sqrt{n \cdot p \cdot (1 - p)} = \sqrt{100 \cdot 0{,}05 \cdot (1 - 0{,}05)} \approx 2{,}18\]

 

Streuungsintervall (Sigma-Umgebung) bestimmen:

 

\[\mu - \sigma = 5 - 2{,}18 = 2{,}82\]

\[\mu + \sigma = 5 + 2{,}18 = 7{,}18\]

 

Wahrscheinlichkeit \(P(\vert X - \mu \vert \leq \sigma)\) berechnen:

 

\[\begin{align*}P_{0{,}05}^{100}(\vert X - \mu \vert \leq \sigma) &= P_{0{,}05}^{100}(\mu - \sigma \leq X \leq \mu + \sigma) \\[0.8em] &= P_{0{,}05}^{100}(2{,}82 \leq X \leq 7{,}82) \\[0.8em] &= P_{0{,}05}^{100}(3 \leq X \leq 7) \\[0.8em] &= P_{0{,}05}^{100}(X \leq 7) - P_{0{,}05}^{100}(X \leq 2) \\[0.8em] &= \sum \limits_{i = 0}^{7}B(100;0{,}05;i) - \sum \limits_{i = 0}^{2}B(100;0{,}05;i) \\[0.8em] &\overset{\text{ST}}{=} 0{,}87204 - 0{,}11826 \\[0.8em] &= 0{,}75378 \\[0.8em] &\approx 75{,}38\,\%\end{align*}\]

 

Histogramm der Binomialverteilung B(100;0,05;k) (verkürzte Darstellung bis k = 15), Wahrscheinlichkeit P(3 ≤ X ≤ 7)

Histogramm der Binomialverteilung \(B(100;0{,}05;k)\) (verkürzte Darstellung bis \(k = 15\)), Wahrscheinlichkeit \(P_{0{,}05}^{100}(3 \leq X \leq 7) = \sum \limits_{i = 3}^{7}B(100;0{,}05;i)\)

 

3) Anzahl der mindestens zu kontrollierenden Leuchtdioden, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99 % mindestens eine Leuchtdiode Ausschuss ist

„3-Mindestens-Aufgabe": Gesucht ist der Stichprobenumfang \(n\) (Länge der Bernoulli-Kette)

 

Zufallsgröße \(X\): „Anzahl der Leuchtdioden, welche Ausschuss sind."

Trefferwahrscheinlichkeit für „Leuchtdiode ist Ausschuss.": \(p = 0{,}05\)

Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Leuchtdiode ist Ausschuss.": \(P(X \geq 1)\)

Wert, den die Wahrscheinlichkeit für „mindestens 1 Leuchtdiode ist Ausschuss." mindestens erreichen muss: \(P = 0{,}99\)

 

\[\begin{align*} P_{0{,}05}^{n}(X \geq 1) &\geq 0{,}99 & &|\;\text{Gegenereignis betrachten} \\[0.8em] 1 - P_{0{,}05}^{n}(X = 0) &\geq 0{,}99 & &| - 1 \\[0.8em] -P_{0{,}05}^{n}(X = 0) &\geq -0{,}01 & &| \cdot (-1) \enspace \text{Relationszeichen dreht!} \\[0.8em] P_{0{,}05}^{n}(X = 0) &\leq 0{,}01 & &| \; P_{0{,}05}^{n}(X = 0)\;\text{ausformulieren} \\[0.8em] \underbrace{\binom{n}{0}}_{1} \cdot \underbrace{{0{,}05}^{0}}_{1} \cdot (1 - 0{,}05)^{n - 0} &\leq 0{,}01 \\[0.8em] {0{,}95}^{n} &\leq 0{,}01 & &| \;\text{Logarithmieren, z.B.}\; \ln \\[0.8em] \ln\left( {0{,}95}^{n} \right) &\leq \ln 0{,}01 & &| \; \log_{a}\left(b^{n}\right) = n \cdot \log_{a}b \\[0.8em] n \cdot \ln 0{,}95 &\leq \ln 0{,}01 & &| : \ln 0{,}95 < 0 \enspace \text{Relationszeichen dreht!} \\[0.8em] n &\geq \frac{\ln 0{,}01}{\ln 0{,}95} \\[0.8em] n &\gtrapprox 89{,}78 & &| \; n \in \mathbb N \end{align*}\]

 

\[\Longrightarrow \quad n = 90\]

 

Es müssen mindestens 90 Leuchtdioden kontrolliert werden, damit mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 99 % mindestens eine Leuchtdiode Ausschuss ist.