Als die CDs vor der Jubiläumsfeier geliefert wurden, entdeckten die Mitarbeiter der Bigband unter den ersten 20 betrachteten CDs ein Exemplar mit fehlerhafter Hülle und befürchteten, dass mindestens 5 % aller Hüllen fehlerhaft sind. Sie planten deshalb, die Nullhypothese „Der Anteil der fehlerhaften Hüllen ist kleiner als 5 %." mithilfe einer Stichprobe von 150 CDs auf einem Signifikanzniveau von 10 % zu testen. Sollte das Ergebnis des Tests dafür sprechen, dass die Befürchtung zutrifft, wollten sie beim Hersteller einen Preisnachlass verlangen.
Begründen Sie, dass die Nullhypothese genau dann abgelehnt wird, wenn mindestens zwölf Hüllen fehlerhaft sind.
(3 BE)
Lösung zu Teilaufgabe 2a
Stichprobenumfang: \(n = 150\) CDs
Betrachtetes Ereignis: „Eine CD-Hülle ist fehlerhaft."
Testgröße \(X\) (Zufallsgröße): Anzahl der fehlerhaften CD-Hüllen unter der Stichprobe von 150 CDs
Da der Stichprobenumfang im Vergleich zur großen Anzahl hergestellter CDs gering ist (vgl. Angabe), kann mit der Binomialverteilung modelliert werden. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit für das betrachtete Ereignis „Eine CD-Hülle ist fehlerhaft." ist näherungsweise konstant.
Signifikanzniveau: \(\alpha = 0{,}1\)
Ein Signifikanztest gibt der Wahrscheinlichkeit für den Fehler 1. Art \(\alpha'\) eine Obergrenze vor, das sog. Signivikanzniveau \(\alpha\). Die Bedingung \(\alpha' \leq \alpha\) liefert eine Entscheidungsregel dafür, wie ein Stichprobenergebnis hinsichtlich einer zu testenden Vermutung zu bewerten ist.
\[\begin{align*}\alpha' &\leq \alpha \\[0.8em] P(\text{Fehler 1. Art}) &\leq \alpha \end{align*}\]
Welchen Fehler im Sachzusammenhang der Fehler 1. Art vertritt, hängt von der Wahl der Nullhypothese ab.
Die Nullhypothese wird bei einem Signifikanztest in der Regel so gewählt, dass der Fehler 1. Art einen im Sachzusammenhang als schwerwiegend erachteten Fehler beschreibt, der kontrolliert werden soll.
Fehler 1. Art: Die Nullhypothese wird irrtümlich abgelehnt.
Nennt die Aufgabenstellung zum Thema Signifikanztest
- einen Fehler, der begrenzt werden soll, lässt sich daraus auf die Nullhypothese schließen. Hierfür wird die Frage beantwortet: Wie muss die Nullhypothese lauten, damit deren irrtümliche Ablehnung zum genannten Fehler führt.
- eine Nullhypothese, lässt sich daraus auf den zu vermeidenden Fehler schließen (Grund für die Wahl der Nullhypothese). Hierfür wird die Frage beantwortet: Welcher Fehler tritt ein, wenn die Nullhypothese irrtümlich abgelehnt wird?
Vorgehensweise - Einseitiger Signifikanztest
- Testgröße \(X\) (binomialverteilte Zufallsgröße) und Stichprobenumfang \(n\) sowie Nullhypothese \(H_0\) und Gegenhypothese \(H_1\) erkennen und notieren.
- Annahmebereich \(\textcolor{#0087c1}{A}\) und Ablehnungsbereich \(\textcolor{#cc071e}{\overline{A}}\) mit den unbekannten Grenzen \(g\) und \(g + 1\) formulieren.
- Signifikanztest durchführen und Entscheidungsregel formulieren.
Linksseitiger Signifikanztest
\(H_0\colon p = p_0\) oder \(H_0\colon p \geq p_0\)
\(H_1\colon p < p_0\)
\[\begin{align*} \alpha' &\leq \alpha \\[0.8em] P(\text{Fehler 1. Art}) &\leq \alpha \\[0.8em] P_{p_0}^n(X \in \textcolor{#cc071e}{\overline{A}}) &\leq \alpha \\[0.8em] P_{p_0}^n(X \textcolor{#cc071e}{\leq g}) &\leq \alpha \\[0.8em] \sum \limits_{i\,=\,\textcolor{#cc071e}{0}}^{\textcolor{#cc071e}{g}}B(n;p_0;i)&\leq \alpha && \overset{\text{TW}}{\Rightarrow} \; \textcolor{#cc071e}{g} \end{align*}\]
Rechtsseitiger Signifikanztest
\(H_0\colon p = p_0\) oder \(H_0\colon p \leq p_0\)
\(H_1\colon p > p_0\)
\[\begin{align*} \alpha' &\leq \alpha \\[0.8em] P(\text{Fehler 1. Art}) &\leq \alpha \\[0.8em] P_{p_0}^n(X \in \textcolor{#cc071e}{\overline{A}}) &\leq \alpha \\[0.8em] P_{p_0}^n(X \textcolor{#cc071e}{\geq g+1}) &\leq \alpha \\[0.8em] 1 - P_{p_0}^n(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\leq \alpha &&| - 1 \\[0.8em] - P_{p_0}^n(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\leq \alpha -1 &&| \cdot (-1) \\[0.8em] P_{p_0}^n(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\geq 1 -\alpha \\[0.8em] \sum \limits_{i\,=\,\textcolor{#0087c1}{0}}^{\color{#0087c1}g}B(n;p_0;i) &\geq 1- \alpha &&\overset{\text{TW}}{\Rightarrow}\; \textcolor{#0087c1}{g}\end{align*}\]
Es ist zu zeigen, dass \(\textcolor{#cc071e}{x = 12}\) der kleinstmögliche Wert des Ablehnungsbereichs \(\textcolor{#cc071e}{\overline{A} = \{12; \dots ;150\}}\) der Nullhypothese „Der Anteil der fehlerhaften Hüllen ist kleiner als 5 %." ist, sodass die Wahrscheinlichkeit für den Fehler 1. Art das Signifikanzniveau von 10 % nicht übersteigt.
\[\begin{align*} P_{0{,}05}^{150}(X \geq \textcolor{#cc071e}{12}) &= 1 - P_{0{,}05}^{150}(X \leq 11) \\[0.8em] &= 1 - 0{,}926 \qquad (\text{WTR}) \\[0.8em] &= 0{,}074 < 0{,}1 \end{align*}\]
\[\begin{align*} P_{0{,}05}^{150}(X \geq 11) &= 1 - P_{0{,}05}^{150}(X \leq 10) \\[0.8em] &= 1 - 0{,}868 \qquad (\text{WTR}) \\[0.8em] &= 0{,}132 > 0{,}1 \end{align*}\]
Somit wird die Nullhypothese genau dann abgelehnt, wenn mindestens zwölf Hüllen fehlerhaft sind.
Ergänzung: Ausführlicher Signifikanztest (nicht verlangt)
Nullhypothese
„Der Anteil der fehlerhaften Hüllen ist kleiner als 5 %."
\(H_0 \colon p < 0{,}05\)
Gegenhypothese (Vermutung)
„Der Anteil der fehlerhaften Hüllen beträgt mindestens 5 %."
\(H_1 \colon p \geq 0{,}05\)
Annahmebereich \(\textcolor{#0087c1}{A}\) und Ablehnungsbereich \(\textcolor{#cc071e}{\overline{A}}\) der Nullhypothese mit den unbekannten Grenzen \(g\) und \(g + 1\) formulieren:
Die Nullhypothese „Der Anteil der fehlerhaften Hüllen ist kleiner als 5 %." wird abgelehnt, wenn viele CDs fehlerhafte Hüllen aufweisen.
\[\textcolor{#0087c1}{A = \{0;1; \dots; g\}}\]
\[\textcolor{#cc071e}{\overline{A} = \{g + 1; \dots ;150\}}\]
Rechtsseitiger Signifikanztest (Ablehnungsbereich liegt rechts)
Die Testgröße \(X\) ist binomialverteilt nach \(B(150;p_0)\).
Im Falle der Nullhypothese \(H_0 \colon p < 0{,}05 \) wird der Grenzfall \(p_0 = 0{,}05\) gewählt. Wählt man eine Wahrscheinlichkeit \(p < 0{,}05\), verschiebt sich das Maximum der Binomialverteilung nach links. Die Wahrscheinlichkeiten der Werte des Ablehnungsbereichs sind dann kleiner. Das hat zur Folge, dass ein zu großer Ablehnungsbereich bestimmt wird, sodass die Wahrscheinlichkeit für den Fehler 1. Art das Signifikanzniveau \(\alpha = 0{,}1\) für \(p_0 \to 0{,}05\) übersteigt.
\[\begin{align*} \alpha' &\leq \alpha \\[0.8em] P(\text{Fehler 1. Art}) &\leq \alpha \\[0.8em] P_{0{,}05}^{150}(X \in \textcolor{#cc071e}{\overline{A}}) &\leq 0{,}1 \\[0.8em] P_{0{,}05}^{150}(X \textcolor{#cc071e}{\geq g+1}) &\leq 0{,}1 \\[0.8em] 1 - P_{0{,}05}^{150}(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\leq 0{,}1 &&| - 1 \\[0.8em] - P_{0{,}05}^{150}(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\leq -0{,}9 &&| \cdot (-1) \; \text{Relationszeichen kehrt sich um!} \\[0.8em] P_{0{,}05}^{150}(X \textcolor{#0087c1}{\leq g}) &\geq 0{,}9 \\[0.8em] \sum \limits_{i\,=\,\textcolor{#0087c1}{0}}^{\color{#0087c1}g}B(150;0{,}05;i) &\geq 0{,}9\end{align*}\]
Mithilfe des stochastischen Tafelwerks oder des wissenschaftlichen Taschenrechners ergibt sich \(g = 11\) und somit \(g + 1 = 12\).
\[\left(P_{0{,}05}^{150}(X \leq 10) = 0{,}8677 < 0{,}9\right) \quad P_{0{,}05}^{150}(X \leq 11) = 0{,}9259 > 0{,}9\]
Entscheidungsregel formulieren:
\[\textcolor{#0087c1}{A = \{0;1; \dots; 11\}}\]
\[\textcolor{#cc071e}{\overline{A} = \{12; \dots ;150\}}\]
Wenn mindesten 12 CD-Hüllen fehlerhaft sind, wird die Nullhypothese „Der Anteil der fehlerhaften Hüllen ist kleiner als 5 %." abgelehnt und die Mitglieder der Bigband verlangen beim Hersteller einen Preisnachlass.
(Vgl. Mathematik Abiturskript Bayern G9 - 2 Stochastik, 2.6.2 Signifikanztest)