Die Bigband einer Schule nimmt anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Schule eine CD mit zehn Musikstücken auf; vier dieser Stücke sind kurz, sechs lang. Diese CD wird in großer Anzahl hergestellt.
Bei der Jubiläumsfeier werden von einer dieser CDs in zufälliger Reihenfolge Stücke abgespielt, wobei jedes Stück mehrfach abgespielt werden kann.
Berechnen Sie jeweils die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich unter zwölf abgespielten Stücken
- genau fünf lange Stücke befinden.
- mehr lange als kurze Stücke befinden.
(4 BE)
Lösung zu Teilaufgabe 1
CD mit zehn Musikstücken, vier davon sind kurz, sechs sind lang.
Zwölf Stücke werden abgespielt.
Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich darunter genau fünf lange Stücke befinden
Es liegt eine Bernoulli-Kette der Länge \(\textcolor{#0087c1}{n = 12}\) vor. Die Wahrscheinlichkeit für das betrachtete Ereignis „Es wird ein langes Stück abgespielt." ist mit \(\textcolor{#cc071e}{p} = \dfrac{6}{10} = \textcolor{#cc071e}{0{,}6}\) konstant.
Bernoulli-Experiment, Bernoulli-Kette
Ein Zufallsexperiment, bei dem nur zwei sich gegenseitig ausschließende Ereignisse \(A\) und \(\overline{A}\) eintreten können, heißt Bernoulli-Experiment.
Ein betrachtetes Ereignis \(A\) wird als Treffer mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) und dessen Gegenereignis \(\overline{A}\) als Niete mit der Wahrscheinlichkeit \(q = 1- p\) bezeichnet.
Wird ein Bernoulli-Experiment \(n\)-mal hintereinander ausgeführt, und ist dabei die Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) bei jeder Durchführung des Experiments konstant, entsteht eine Bernoulli-Kette der Länge \(n\) mit dem Parameter \(p\).
Zufallsgröße \(X\): Anzahl der langen Stücke unter den 12 abgespielten Stücken
Die Zufallsgröße \(X\) ist binomialverteilt nach \(B(\textcolor{#0087c1}{12};\textcolor{#cc071e}{0{,}6})\).
Binomialverteilte Zufallsgröße
Eine Zufallsgröße \(X\), die bei einer Bernoulli-Kette der Länge \(n\) die Anzahl der Treffer \(k \in \{0;1;\dots;n\}\) mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) angibt, heißt binomialverteilt nach \(B(n;p)\).
Binomialverteilung
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer \(B(n;p)\)-verteilten Zufallsgröße \(X\) heißt Binomialverteilung.
Es gilt: \(\displaystyle P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n - k}\) mit \(k = \{0;1;\dots;n\}\) (Bernoulli-Formel)*
Kumulative Verteilungsfunktion einer \(\boldsymbol{B(n;p)}\)-verteilten Zufallsgröße \(\boldsymbol{X}\)
\(F_p^n(k) = P_p^n(X \leq k) = \sum \limits_{i\,=\,0}^k B(n;p;i)\) (von \(X = 0\) bis \(X = k\) aufsummierte Einzelwahrscheinlichkeiten \(B(n;p;i)\))*
* Kann mit dem wissenschaftlichen Taschenrechner (WTR) oder ggf. mit dem Tafelwerk (TW) bestimmt werden.
\[P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}6}}^{\textcolor{#0087c1}{12}}(\textcolor{#e9b509}{X = 5}) = \binom{\textcolor{#0087c1}{12}}{\textcolor{#e9b509}{5}} \cdot \textcolor{#cc071e}{0{,}6}^{\textcolor{#e9b509}{5}} \cdot (1 - \textcolor{#cc071e}{0{,}6})^{\textcolor{#0087c1}{12}\, -\, \textcolor{#e9b509}{5}} \approx 0{,}101 = 10{,}1\,\%\]
Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich darunter mehr lange als kurze Stücke befinden
Zufallsgröße \(X\): Anzahl der langen Stücke unter den 12 abgespielten Stücken
Die Zufallsgröße \(X\) ist binomialverteilt nach \(B(\textcolor{#0087c1}{12};\textcolor{#cc071e}{0{,}6})\).
Mehr lange als kurze Stücke bedeutet bei 12 abgespielten Stücken mehr als sechs lange Stücke.
Wahrscheinlichkeiten für „genau \(k\) Treffer" und „höchstens \(k\) Treffer" lassen sich mit dem wissenschaftlichen Taschenrechner (WTR) berechnen und sind für bestimmte Werte der Parameter \(n\) und \(p\) im Tafelwerk (TW) tabellarisiert. Wahrscheinlichkeiten für „mindestens \(k\) Treffer" und „mindestens \(k\) und höchstens \(m\) Treffer müssen auf die kumulative Verteilungsfunktion (aufsummierte Einzelwahrscheinlichkeiten) zurückgeführt werden.
genau \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n \,-\, k}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\)
\[\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X = 5)} = B(10;0{,}6;5) = \textcolor{#89ba17}{0{,}20066}\;\text{(WTR/TW)}\]
oder
\begin{align*}\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X = 5)} &= \binom{10}{5} \cdot 0{,}6^{5} \cdot (1 - 0{,}6)^{10\, -\, 5} \\ &= \textcolor{#89ba17}{0{,}20066} \end{align*}
höchstens \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[\begin{align*}\textcolor{#cc071e}{F_p^n(k)} = \textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k)} =\quad \, &\textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{k} B(n;p;i)} \\[0.8em] = \quad \,&\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = 0)} \\[0.8em] +\, &\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = 1)}\\[0.8em] \;\;\;&\vdots \\[0.8em]+\, &\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = k)}\end{align*}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\)
\[\begin{align*}\textcolor{#cc071e}{F_{0{,}6}^{10}(5)} = \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5)} &\;\,\,= \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{5} B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em] &\;\,\,= \textcolor{#cc071e}{0{,}36690}\;\text{(WTR/TW)} \end{align*}\]
weniger als \(\boldsymbol{k}\) Treffer
Entspricht der Berechnung einer Wahrscheinlichkeit für „höchstens \(k - 1\) Treffer": \(P(X < k) = P(X \leq k -1)\)
mindestens \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[\underbrace{\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X \geq k)}}_{\textcolor{#89ba17}{\large{\text{mindestens}\,k}}} = \underbrace{1 - \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k - 1)}}_{\textcolor{#cc071e}{\large{\text{höchstens}\,k \,-\,1}}}}_{\large{\text{nicht höchstens}\,k\,-\,1}}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 6\)
\[\begin{align*}\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X \geq 6)} &= 1 - \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5)} \\[0.8em]&= 1 - \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{5}B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em]&= 1 - \textcolor{#cc071e}{0{,}36690}\;\text{(WTR/TW)} \\[0.8em] &= \textcolor{#89ba17}{0{,}63310} \end{align*}\]
Veranschaulichung am „Zahlenstrahl":
Mehr als \(\boldsymbol{k}\) Treffer
Entspricht der Berechnung einer Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k + 1\) Treffer": \(P(X > k) = P(X \geq k + 1)\).
mindestens \(\boldsymbol{k}\) und höchstens \(\boldsymbol{m}\) Treffer
\[\underbrace{\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(k \leq X \leq m)}}_{\textcolor{#89ba17}{\large{\text{mind.}\,k\,\text{u. höchstens}\,m}}} = \underbrace{\textcolor{#0087c1}{P_{p}^{n}(X \leq m)}}_{\textcolor{#0087c1}{\large{\text{höchstens}\,m}}} - \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k - 1)}}_{\textcolor{#cc071e}{\large{\text{höchstens}\,k\,-\,1}}}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\); \(m = 8\)
\[\begin{align*} \textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(5 \leq X \leq 8)} &= \textcolor{#0087c1}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 8)} - \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 4)} \\[0.8em]&= \textcolor{#0087c1}{\sum \limits_{i\, =\, 0}^{8}B(10;0{,}6;i)} - \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{4}B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em]&= \textcolor{#0087c1}{0{,}95364} - \textcolor{#cc071e}{0{,}16624}\;\text{(WTR/TW)} \\[0.8em]&=\textcolor{#89ba17}{0{,}78740} \end{align*}\]
Veranschaulichung am „Zahlenstrahl":
\[\begin{align*}\underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}6}}^{\textcolor{#0087c1}{12}}(\textcolor{#e9b509}{X > 6})}_{\large{\textcolor{#e9b509}{\text{mehr als 6}}}} = \underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}6}}^{\textcolor{#0087c1}{12}}(\textcolor{#e9b509}{X \geq 7})}_{\large{\textcolor{#e9b509}{\text{mindestens 7}}}} &= \underbrace{1 - \underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}6}}^{\textcolor{#0087c1}{12}}(\textcolor{#e9b509}{X \leq 6})}_{\large{\textcolor{#e9b509}{\text{höchstens 6}}}}}_{\large{\text{nicht}\,\textcolor{#e9b509}{\text{höchstens 6}}}} \\[0.8em] &= 1 - 0{,}33479 \quad (\text{WTR/TW}) \\[0.8em] &\approx 0{,}665 = 66{,}5\,\%\end{align*}\]
(Vgl. Mathematik Abiturskript Bayern G9 - 2 Stochastik, 2.5.3 Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer binomialverteilten Zufallsgröße)