In den letzten Jahren hat der Onlinehandel stark zugenommen. Dies zeigt sich auch in den Versandzentren der Paketdienstleister. Im Folgenden werden nur die im Zusammenhang mit dem Onlinehandel verschickten Pakete in einem dieser Versandzentren betrachtet. Ein Fünftel dieser Pakete sind Retouren, d. h. Pakete, die zurückgeschickte Waren enthalten.

Bestimmen Sie die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter 200 zufällig ausgewählten Paketen mehr als ein Viertel Retouren sind.

(3 BE)

Lösung zu Teilaufgabe 1a

 

\(X\): Anzahl der Retouren unter 200 zufällig ausgewählten Paketen

 

\[\begin{align*}P_{0{,}2}^{200}(X > 50) &= 1 - P_{0{,}2}^{200}(X \leq 50) \\[0.8em] &= 1 - \sum \limits_{i \,=\, 0}^{k\, =\, 50} B(200;0{,}2;i) \\[0.8em] &\overset{\text{TW}}{=} 1 - 0{,}96550 \\[0.8em] &= 0{,}03450 \approx 3{,}45\,\%\end{align*}\]

 

Ausführliche Erklärung (nicht verlangt)

Da in einem Versandzentrum eine Vielzahl von Paketen verteilt wird, kann die Auswahl von 200 Paketen (Stichprobe) als genügend klein betrachtet werden, sodass die Wahrscheinlichkeit dafür, eine Retoure auszuwählen, näherungsweise konstant ist.

Binomialverteilte Zufallsgröße - Binomialverteilung

Binomialverteilte Zufallsgröße

Für eine Zufallsgröße \(X\), welche bei einer Bernoulli-Kette der Länge \(n\) die Anzahl der Treffer \(k \in \{0,1,\dots,n\}\) mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) angibt, gilt:

Binomialverteilung (vgl. Merkhilfe)

\[P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n - k} \quad (0 \leq k \leq n)\]

Eine Binomialverteilung ist durch die Parameter \(n\) und \(p\) eindeutig bestimmt und wird durch das Symbol \(B(n:p)\) gekennzeichnet. \(X\) heißt binomialverteilt nach \(B(n;p)\).

Voraussetzung für eine Binomialverteilung

Ein Zufallsexperiment, bei dem nur zwei sich gegenseitig ausschließende Ereignisse \(A\) und \(\overline{A}\) mit konstanten Wahrscheinlichkeiten eintreten können (Bernoulli-Experiment).

Das heißt, die zufällige Auswahl von 200 Paketen darf mit der Binomialverteilung modelliert werden, weil eine Bernoulli-Kette der Länge \(\textcolor{#0087c1}{n = 200}\) vorliegt, wobei die Trefferwahrscheinlichkeit für das betrachtete Ereignis „Paket ist eine Retoure." mit \(\textcolor{#cc071e}{p = 0{,}2}\) (ein Fünftel) konstant ist.

Bernoulli-Experiment, Bernoulli-Kette

Bernoulli-Experiment, Bernoulli-Kette

Ein Zufallsexperiment, bei dem nur zwei verschiedene sich gegenseitig ausschließende Ereignisse \(A\) und \(\overline{A}\) mit konstanten Wahrscheinlichkeiten eintreten können, heißt Bernoulli-Experiment.

Das Eintreten des Ereignisses \(A\) wird als Treffer und das Eintreten des Gegeneignisses \(\overline{A}\) wird als Niete bezeichnet. Die Trefferwahrscheinlichkeit \(P(A)\) bezeichnet man mit \(\boldsymbol{p}\) und die Wahrscheinlichkeit für eine Niete mit \(q = 1- p\). Wird ein Bernoulli-Experiment \(n\)-mal wiederholt, spricht man von einer Bernoulli-Kette der Länge \(\boldsymbol{n}\). Dabei müssen die einzelnen Wiederholungen unabhängig voneinander erfolgen. Das heißt, die Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) bleibt konstant.

\(X\): Anzahl der Retouren unter 200 zufällig ausgewählten Paketen

Die Zufallsgröße \(X\) ist nach \(B(\textcolor{#0087c1}{200};\textcolor{#cc071e}{0{,}2})\) binomialverteilt.

„... mehr als ein Viertel Retouren ..." sind mehr als \(0{,}25 \cdot 200 = \textcolor{#e9b509}{50}\) Retouren, also mindestens \(\textcolor{#e9b509}{51}\) Retouren.

Die Wahrscheinlichkeit \(P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}2}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(\textcolor{#e9b509}{X \geq 51})\) dafür, dass mindestens \(\textcolor{#e9b509}{51}\) Retouren unter den 200 zufällig ausgewählten Paketen sind, lässt sich durch die Betrachtung der Wahrscheinlichkeit des Gegenereignisses „... höchstens \(\textcolor{#e9b509}{50}\) Retouren" auf die kumulative Verteilungsfunktion (von \(0\) bis \(k\) aufsummierte Einzelwahrscheinlichkeiten) zurückführen. Diese ist im Tafelwerk (TW) in der rechten Spalte tabellarisiert.

Kumulative Verteilungsfunktion einer binomialverteilten Zufallsgröße

Kumulative Verteilungsfunktion einer nach \(B(n, p)\) binomialverteilten Zufallsgröße \(X\)

\[F^n_p (k) = P^n_p (X \leq k) = \sum_{i \, = \, 0}^k B(n; p; i) = \sum_{i \, = \, 0}^k \binom{n}{i} \cdot p^i \cdot (1 - p)^{n - i}\]

Wobei \(n\) die Länge der Bernoullikette, \(p\) die Trefferwahrscheinlichkeit für das Eintreten des betrachteten Ereignisses und \(k \in \{0,1,\dots,n\}\) die Anzahl der Treffer ist.

Das Stochastische Tafelwerk (ST) listet die Werte der Kumulativen Verteilungsfunktion jeweils in der rechten Spalte einer betrachteten Tabelle der Parameter \(n\) und \(p\). 

Mithilfe des Tafelwerks (TW) ergibt sich:

Betrachten des Gegenereignisses (mindestens \(k\) Treffer)

Betrachten des Gegenereignisses (mindestens \(k\) Treffer)

Kumulative Wahrscheinlichkeiten der Form \(P(X \geq k)\) lassen sich im Stochastischen Tafelwerk (ST) nicht nachschlagen. Die Betrachtung des Gegenereignisses ermöglicht das Verwenden des Stochastischen Tafelwerks:

\[P(X \geq k) = 1 - P(X \leq k - 1)\]

Die Kumulative Verteilungsfunktion \(F_{p}^{n}(k) = P^n_p(X \leq k) = \sum \limits_{i\;=\;0}^{k} B(n;p;i)\) ist für bestimmte Werte der Parameter \(p\) und \(n\) in der rechten Spalte des Stochastischen Tafelwerks mit Abiturzulassung tabellarisiert.

\[\begin{align*}P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}2}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(\textcolor{#e9b509}{X > 50}) &=P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}2}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(\textcolor{#e9b509}{X \geq 51}) && \textcolor{#e9b509}{\text{„mindestens 51"}}\\[0.8em] &= 1 - P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}2}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(\textcolor{#e9b509}{X \leq 50}) && \text{nicht}\; \textcolor{#e9b509}{\text{„höchstens 50"}} \\[0.8em] &= 1 - \sum \limits_{i \,=\, \textcolor{#e9b509}{0}}^{k \,=\, \textcolor{#e9b509}{50}} B(\textcolor{#0087c1}{200};\textcolor{#cc071e}{0{,}2};i) && \text{Tafelwerk, rechte Spalte} \\[0.8em] &\overset{\text{TW}}{=} 1 - 0{,}96550 \\[0.8em] &= 0{,}03450 \approx 3{,}45\,\%\end{align*}\]