Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund fünf Millionen Fahrräder verkauft. Dabei waren 40 % der verkauften Fahrräder Pedelecs (unterstützende Elektrofahrräder). Unter allen im Jahr 2020 verkauften Fahrrädern werden 200 zufällig ausgewählt. Die Zufallsgröße \(X\) beschreibt die Anzahl der Pedelecs unter den 200 zufällig ausgewählten Fahrrädern.
Bestimmen Sie \(P(70 \leq X \leq 90)\) und beschreiben Sie die Bedeutung des Terms im Sachzusammenhang.
(3 BE)
Lösung zu Teilaufgabe 3a
Da der Stichprobenumfang von 200 ausgewählten Fahrrädern im Vergleich zu rund fünf Millionen verkauften Fahrrädern gering ist, kann mit der Binomialverteilung modelliert werden. Das heißt, die Wahrscheinlichkeit für das betrachtete Ereignis „Ein zufällig ausgewähltes Fahrrad ist ein Pedelec." ist näherungsweise konstant.
Binomialverteilte Zufallsgröße
Eine Zufallsgröße \(X\), die bei einer Bernoulli-Kette der Länge \(n\) die Anzahl der Treffer \(k \in \{0;1;\dots;n\}\) mit der Trefferwahrscheinlichkeit \(p\) angibt, heißt binomialverteilt nach \(B(n;p)\).
Binomialverteilung
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung einer \(B(n;p)\)-verteilten Zufallsgröße \(X\) heißt Binomialverteilung.
Es gilt: \(\displaystyle P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n - k}\) mit \(k = \{0;1;\dots;n\}\) (Bernoulli-Formel)*
Kumulative Verteilungsfunktion einer \(\boldsymbol{B(n;p)}\)-verteilten Zufallsgröße \(\boldsymbol{X}\)
\(F_p^n(k) = P_p^n(X \leq k) = \sum \limits_{i\,=\,0}^k B(n;p;i)\) (von \(X = 0\) bis \(X = k\) aufsummierte Einzelwahrscheinlichkeiten \(B(n;p;i)\))*
* Kann mit dem wissenschaftlichen Taschenrechner (WTR) oder ggf. mit dem Tafelwerk (TW) bestimmt werden.
\(\textcolor{#cc071e}{p = 0{,}4}\) (Trefferwahrscheinlichkeit)
\(\textcolor{#0087c1}{n = 200}\) (Stichprobenumfang, Länge der Bernoulli-Kette)
Zufallsgröße \(X\): Anzahl der Pedelecs unter den 200 zufällig ausgewählten Fahrrädern.
Die Zufallsgröße \(X\) ist binomialverteilt nach \(B(\textcolor{#cc071e}{0{,}4};\textcolor{#0087c1}{200})\).
Bestimmung von \(P(70 \leq X \leq 90)\)
Die Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k\) und höchstens \(m\) Treffer lässt sich als Differenz zweier „höchstens-Wahrscheinlichkeiten" (kumulative Verteilungsfunktion) auffassen.
Wahrscheinlichkeiten für „genau \(k\) Treffer" und „höchstens \(k\) Treffer" lassen sich mit dem wissenschaftlichen Taschenrechner (WTR) berechnen und sind für bestimmte Werte der Parameter \(n\) und \(p\) im Tafelwerk (TW) tabellarisiert. Wahrscheinlichkeiten für „mindestens \(k\) Treffer" und „mindestens \(k\) und höchstens \(m\) Treffer müssen auf die kumulative Verteilungsfunktion (aufsummierte Einzelwahrscheinlichkeiten) zurückgeführt werden.
genau \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[P_{p}^{n}(X = k) = B(n;p;k) = \binom{n}{k} \cdot p^{k} \cdot (1 - p)^{n \,-\, k}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\)
\[\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X = 5)} = B(10;0{,}6;5) = \textcolor{#89ba17}{0{,}20066}\;\text{(WTR/TW)}\]
oder
\begin{align*}\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X = 5)} &= \binom{10}{5} \cdot 0{,}6^{5} \cdot (1 - 0{,}6)^{10\, -\, 5} \\ &= \textcolor{#89ba17}{0{,}20066} \end{align*}
höchstens \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[\begin{align*}\textcolor{#cc071e}{F_p^n(k)} = \textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k)} =\quad \, &\textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{k} B(n;p;i)} \\[0.8em] = \quad \,&\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = 0)} \\[0.8em] +\, &\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = 1)}\\[0.8em] \;\;\;&\vdots \\[0.8em]+\, &\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X = k)}\end{align*}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\)
\[\begin{align*}\textcolor{#cc071e}{F_{0{,}6}^{10}(5)} = \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5)} &\;\,\,= \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{5} B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em] &\;\,\,= \textcolor{#cc071e}{0{,}36690}\;\text{(WTR/TW)} \end{align*}\]
weniger als \(\boldsymbol{k}\) Treffer
Entspricht der Berechnung einer Wahrscheinlichkeit für „höchstens \(k - 1\) Treffer": \(P(X < k) = P(X \leq k -1)\)
mindestens \(\boldsymbol{k}\) Treffer
\[\underbrace{\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(X \geq k)}}_{\textcolor{#89ba17}{\large{\text{mindestens}\,k}}} = \underbrace{1 - \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k - 1)}}_{\textcolor{#cc071e}{\large{\text{höchstens}\,k \,-\,1}}}}_{\large{\text{nicht höchstens}\,k\,-\,1}}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 6\)
\[\begin{align*}\textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(X \geq 6)} &= 1 - \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 5)} \\[0.8em]&= 1 - \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{5}B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em]&= 1 - \textcolor{#cc071e}{0{,}36690}\;\text{(WTR/TW)} \\[0.8em] &= \textcolor{#89ba17}{0{,}63310} \end{align*}\]
Veranschaulichung am „Zahlenstrahl":
Mehr als \(\boldsymbol{k}\) Treffer
Entspricht der Berechnung einer Wahrscheinlichkeit für „mindestens \(k + 1\) Treffer": \(P(X > k) = P(X \geq k + 1)\).
mindestens \(\boldsymbol{k}\) und höchstens \(\boldsymbol{m}\) Treffer
\[\underbrace{\textcolor{#89ba17}{P_{p}^{n}(k \leq X \leq m)}}_{\textcolor{#89ba17}{\large{\text{mind.}\,k\,\text{u. höchstens}\,m}}} = \underbrace{\textcolor{#0087c1}{P_{p}^{n}(X \leq m)}}_{\textcolor{#0087c1}{\large{\text{höchstens}\,m}}} - \underbrace{\textcolor{#cc071e}{P_{p}^{n}(X \leq k - 1)}}_{\textcolor{#cc071e}{\large{\text{höchstens}\,k\,-\,1}}}\]
Beispiel: \(n = 10\); \(p = 0{,}6\); \(k = 5\); \(m = 8\)
\[\begin{align*} \textcolor{#89ba17}{P_{0{,}6}^{10}(5 \leq X \leq 8)} &= \textcolor{#0087c1}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 8)} - \textcolor{#cc071e}{P_{0{,}6}^{10}(X \leq 4)} \\[0.8em]&= \textcolor{#0087c1}{\sum \limits_{i\, =\, 0}^{8}B(10;0{,}6;i)} - \textcolor{#cc071e}{\sum \limits_{i \,=\, 0}^{4}B(10;0{,}6;i)} \\[0.8em]&= \textcolor{#0087c1}{0{,}95364} - \textcolor{#cc071e}{0{,}16624}\;\text{(WTR/TW)} \\[0.8em]&=\textcolor{#89ba17}{0{,}78740} \end{align*}\]
Veranschaulichung am „Zahlenstrahl":
\[\begin{align*} \underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}4}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(70 \leq X \leq 90)}_{\large{\text{mind. 70 und höchstens 90}}} &= \underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}4}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(X \leq 90)}_{\large{\text{höchstens 90}}} - \underbrace{P_{\textcolor{#cc071e}{0{,}4}}^{\textcolor{#0087c1}{200}}(X \leq 69)}_{\large{\text{höchstens 69}}} \\[0.8em] &= \sum \limits_{i\,=\,0}^{k\,=\,90} B(\textcolor{#0087c1}{200};\textcolor{#cc071e}{0{,}4};i) - \sum \limits_{i\,=\,0}^{k\,=\,69} B(\textcolor{#0087c1}{200};\textcolor{#cc071e}{0{,}4};i) \\[0.8em] &= 0{,}93451 - 0{,}66390 \quad \text{(WTR/TW)} \\[0.8em] &= 0{,}87061 \approx 87{,}1\,\% \end{align*}\]
Bedeutung im Sachzusammenhang
Der Term \(P(70 \leq X \leq 90)\) beschreibt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter den 200 zufällig ausgewählten Fahrrädern mindestens 70 und höchstens 90 Pedelecs sind.
(Vgl. Mathematik Abiturskript Bayern G9 - 2 Stochastik, 2.5.3 Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten einer binomialverteilten Zufallsgröße)